"Um meine Jugend wiederzuerlangen, gibt es nichts, was ich nicht tun würde, außer Leibesübungen, früh aufzustehen, oder ein nützliches Glied der Gemeinschaft zu werden." (Oscar Wilde)
und:
Das "LV" auf den Handtaschen so mancher Studentinnen (ohne Binnen-I), v.a. im wirtschaftlichen Fakultätsbereich steht definitiv NICHT abkürzend für "Lehrveranstaltung".
Hrabanus - 8. Sep, 19:14
Gusenbauer sagt, wenn irgendjemand dazu gezwungen würde, einen Pflegeberuf zu erlernen, dann sei das nicht im Sinne desjenigen und schon gar nicht im Sinne der Pflegebedürftigen. Das sei nicht menschlich, das sei nicht human.
Ja, weder menschlich noch human ist das. Wenigstens das eine könnte es sein, doch es ist nicht nur das andere nicht, sondern eben auch jenes eine nicht, gar nicht und überhaupt nicht. Merkts euch das!
Hrabanus - 29. Aug, 21:38
Lange gerätselt, woher der Spruch nun wirklich kommt. Antwort gefunden: Natürlich von Oscar Wilde:
"One should either be a work of art, or wear a work of art.
It is only the shallow people who do not judge by appearances"
Na denn Prost!
Hrabanus - 26. Aug, 21:20
Der, der sich dachte, zu schweigen sei Gold, der brach sein Schweigen zwischen den Rötelvignetten seines Buches "Beim Häuten der Zwiebel". Wusste er doch schon in der Blechtrommel zu schreiben, dass sich Oskar Matzeraths Schuld seinem mutmaßlichen Vater Jan Bronski gegenüber nur vergrößerte, je länger er schwieg; je länger er verschwieg, dass er es war, der den feigen Polen an jenem Tag zurück in die polnische Post von Danzig zog, an dem selbige heftig umkämpft schließlich den Deutschen zum Opfer fiel.
Das ist es ja: Der Mann weiß, wovon er redet, wovon er schreibt und worüber er schweigt. Er tauschte das scharfe ß seines Nachnamens gegen das doppelte S am Hemdkragen, und es fiel sechzig Jahre lang niemandem auf. Und jetzt wird gerichtet, und das ist vielleicht gut so. Nur ändert das nichts am Werk, nichts am Namen und nur wenig an der Glaubwürdigkeit. Dienst bleibt Dienst, doch auch Verdienst bleibt Verdienst.
Hrabanus - 26. Aug, 18:14
Wenn es darum geht, sich ein inneres Bild der Jahreszeit zu malen, jener aktuellen Jahreszeit die ich meine, dann kann ich mich weder auf den Kalender noch auf meine Phantasie verlassen. Man möge mir Nostalgisches verzeihen, aber die Jahreszeit spielt sich in der Erinnerung ab, spiegelt sich dort wider, ja erwacht dort erst zu dem, was sie jetzt ist. So wie man sich nicht dem Kalender, sondern der Außentemperatur gemäß ankleidet, so erlebt man auch die Jahreszeit nicht kalendergemäß, sondern so, wie sich das Wetter gibt.
Sei es auch Mitte August: Sobald ich den nebelverhangenen Berghang vor meinem Fenster sehe, es ein wenig kühl im Hause wird, und sich die Wolken nicht und nicht auftun wollen, um eine augustgerechte Sonne anzuzeigen, kommt da Steppenwolfstimmung hoch. Jene Stimmung nämlich, wie ich ich den Herbst vor etwa vier Jahren erlebte. Damals drückte der Nebel in Unterkärnten alle Sonnenstrahlen dorthin zurück, woher sie zu kommen bemüht waren, und stattdessen fielen Regenstrahlen auf die Häute. Das Thermalwasser von unten, das Regenwasser von oben mich angreifend erlebte ich die Geschichte jenes Harry Hallers, der in Hesses Steppenwolf die Hauptfigur gab. Ich erinnere mich kaum noch an die Handlung, ja weiß gerade noch, dass das Suhrkamp Taschenbuch einen dunkelblauen Einband hatte, denn alles was von diesem grandiosen – so vermute ich zumindest – Stück Literatur blieb, war die Stimmung, die es in mir zu verursachen wusste. Diese Stimmung, die ich weder zu beschreiben fähig bin, die aber seit damals mein Herbstbewusstsein prägte und noch immer zu prägen imstande ist.
Zugleich ist es die Musik von Prince, die mir diesen damaligen Herbst so unauslöschlich in die Erinnerung brannte, und auch hiefür weiß ich keinen tieferen Grund anzugeben, als jenen, dass es damals eben zufällig Prince war, dessen Musik mir die Kälte aus den Venen trieb, in der ich mich genauso zuhause fühlte, wie in Harry Hallers Geschichte. Dass Musik und Literatur in meinem Falle in gar keinem Zusammenhang stehen, ist mir mehr als klar, und auch sämtliche Vermutungen, die in diese Richtung zielten, fanden nie zu einem schlüssigen Ende. Allein dass es so war, das blieb und bleibt noch heute, auch wenn ich zugeben muss, dass es wohl nicht ewig so sein wird, da dieses Mal der Herbst bereits über eine andere Schiene in mein Bewusstsein schleicht.
Auch dieses Mal ist es wieder die Musik, die ihren Teil dazu beiträgt. Wenn ich auch zugeben muss, dass jene Jahreszeitengefühle – sie hängen meistens von der Musik ab – immer zu früh kommen, als es ein Kalender für nötig befinden würde, so ergreifen sie mich dafür umso untrüglicher, umso intensiver. Da tut sich ein Spalt auf zwischen gefühlter und tatsächlicher Jahreszeit. Und das Gefühl kommt in mir hoch, dass diese zeitliche Differenz möglicherweise mit dem schnelleren Erleben der Zeit, wie sie mit zunehmenden Alter üblich zu sein scheint, zu tun hat. Was aber passiert mit dem Loch dazwischen? Was ist mit dem erlebten Oktober im August, wenn dann tatsächlich Oktober ist? Ist zweiterer frei von Erinnerungen? Möglicherweise ja, möglicherweise nein. Fakt ist, dass ich gerade diese Zeit, das letzte Drittel des Augusts nämlich, schon vor etwa einem Monat heraufbeschworen habe. Zur Feier der Erinnerung begann ich wieder, bestimmte Lieder von Element of Crime zu hören, die ich damals in meinem neu gekauften Autoradio auf und ab spielte.
Jetzt aber, in der Mitte des Augusts, in der schon wieder der Oktober anzuklingen versucht, erinnere ich mich an eine kalte Ankunft zuhause (oder war es gar schon November), das neue Album der Babyshambles hörend (noch vor der Veröffentlichung versteht sich), sich an die Klänge gewöhnend, frierend. So finde ich mich heute wieder, ein Video über Pete Doherty sehend, mich an jene Zeit erinnernd, die mich im letzten Herbst „jetzt“ sagen machte.
Tatsächlich lässt sich dieses Jahreszeitenbewusstsein nur über Musik gepaart mit Wetterstimmung aktivieren. Und immer gierend nach Nostalgie, kommt dieses Bewusstsein schon im Vorhinein, sobald sich das Wetter einen Ausrutscher leistet: Einen kalten Augusttag, einen zu warmen Märztag, einen verschneiten Novembertag und Ähnliches.
Zum anderen ist es das Erinnern an meine zweite Heimat. Die Erinnerung, von der ich so gern lebe, drängt sich dieser Tage auf, indem ich Mails von Studienkollegen erhalte, oder Ankündigungen zum Lehrveranstaltungsangebot des nächsten Semesters. Gleichzeitig flackern schon wieder Bilder von laubbedeckten Gehsteigen in Unigegend auf, ja sogar der eine oder andere strenge Wind pfeift in meiner Erinnerung mir den Duft von frischem Sturm in die imaginäre Nase.
In diesem nostalgischen Kram verstrickt, bleibt mir aufgrund der zeitlichen Differenz zwischen erinnertem – sagen wir – Herbst und tatsächlichem Herbst genug Zeit für das Jetzt. Doch auch wenn ich noch so an den Herbst erinnert werde, wenn es noch so bunte Wälder vor mein inneres Aug treibt, so weiß ich doch, dass die Zeit noch nicht gekommen ist, die ich fühle. Glücklicher, der ich wohl irgendwann in Erinnerung jene Monate erleben darf, die mir der Tod zu nehmen versuchen wird.
Wenn Milan Kundera die Nostalgie als ein Leiden an der Unwissenheit bestimmt, was den Begriff des „Leidens an der Unmöglichkeit der Rückkehr in die Heimat“ vom gewöhnlichen Heimweh abhebt und verallgemeinert, so gibt er der Nostalgie eine Dimension, die freilich das Räumliche übersteigt und in das Existenzielle hineinragt. Darüberhinaus aber sollte der zeitliche Faktor nicht vergessen werden, der die Nostalgie wesentlich mitbestimmt, wie ich meine. Auch Kundera sieht diesen Punkt, wenn er meint, dass sich die „Sehnsucht“ (ein Wort, das laut ihm im Deutschen oft das Wort Nostalgie ersetzt) sowohl auf Gewesenes als auch auf etwas nie Gewesenes bezieht. Meine Nostalgie also bewegt sich mittendrin, zwischen dem Gewesenen und dem noch nicht Gewesenen, und hat doch kein bisschen mit dem Jetzt zu tun, und auch nicht, wie ich versichern kann, mit irgendeiner Art von Sehnsucht. Auch ist sie weniger ein Leiden, als ein verträumtes Schwelgen in Erinnerung, nicht an bestimmte Ereignisse, sondern Erinnerung an ein Gefühl des Seins, wie es in der Vergangenheit „stattgefunden“ hat. Nur so kann ich mir auch sicher sein, dass ich der bin, der ich auch vor einem Jahr war. Nur so kann ich von mir selbst sprechen, weil ich mich in ebenjener Nostalgie, ebenjenen Erinnerungen wiedererkenne, auch wenn ich nicht wahrhaben will, dass etwa Prince eine so merkwürdige Rolle spielte. Aber wogegen will man sich wehren?
Hrabanus - 20. Aug, 19:21
Morgen gehe ich wieder meinem neuen Hobby nach: Gemüse kaufen. Gemüse kauft man am besten vormittags. Ich bin aber schlecht beim Gemüse kaufen. Ich greif zwar alles an, schaue dann entweder kritisch oder zufrieden, obwohl ich nicht weiß, ob das Gemüse die richtige Farbe, Form, Größe oder Härte hat, aber eigentlich kaufe ich dann doch eher nach Lust und Laune. D.h., wenn es mir sympatisch ist, kauf ich es; da darf dann schonmal ein kleiner brauner Rand sein, irgendwo eine eingedrückte Stelle oder etwas Grünes, wo eigentlich Rot sein sollte.
Das sogenannte "schöne" Gemüse macht einen geradezu bourgoisen Eindruck auf mich und birgt sowieso immer die Gefahr, GENVERSEUCHT zu sein. Natürlich gibt es Internetseiten und Bücher, in denen drinsteht, welches Gemüse man wie kaufen sollte. Aber das ist mir dann doch zu gelehrt, zu besserwisserisch.
Da wäre ich dann wie eine dieser Hausfrauen, die mich aus den Augenwinkeln seltsam anschauen, wenn ich in den Tomaten wühle, oder die guillotinierten Salate in der Kiste herumrolle. In diesem Fall nehm ich dann immer ein recht auffälliges Exemplar, das ich nochmal eingehend "prüfe", indem ich so tue, als suchte ich nach einem Merkmal, das mir bestätigt, dass es sich hier um ein besonders geeignetes Stück handelt. Warum der misstrauische Blick der Hausfrauen nicht einem anerkennenden Lächeln weicht, liegt womöglich daran, dass nur wenige Starköche beim Hofer einkaufen gehen.
Jedenfalls versuche ich langsam herauszufinden, welches das gute und welches das böse Gemüse ist. Mit der Zeit kommt man schon drauf, was man selber essen kann, und was man am besten den nicht vorhandenen Nagetieren zum Fraß vorsetzt.
Hrabanus - 19. Jul, 00:32
Merke: Riecht es in der Küche immer noch nicht nach Kaffee, obwohl der Kocher schon 8 Minuten auf dem Herd steht, hat man wohl die falsche Platte angemacht.
Man stelle jetzt aus energietechnischen Gründen natürlich den Kocher auf die schon heiße Platte, anstatt jene aus- und die andere anzuschalten. Achtung: Explosionsgefahr!
Jetzt hilft nur noch hoffen, dass die Milch nicht sauer ist...
Hrabanus - 10. Jul, 14:30
Ist es nicht manchmal so, dass die Irrlichter, denen man so gerne und oft folgt, gerade jene sind, die man sich selbst so begeistert gesteckt hat?
Hrabanus - 28. Mai, 13:46