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"Jetzt bin wieder ich and der Reihe"

Wie berichtet, wurde der Autor Josef Seitlinger am Mittwoch Abend Opfer einer Gewalttat. Seitdem befindet er sich im Krankenhaus Zell am See. Die Bezirkszeitung hat ihn besucht und mit ihm gesprochen.

BZ: Herr Seitlinger, wie geht es Ihnen?
Seitlinger: Ausgezeichnet, danke!

BZ: Tatsächlich? Wie steht es um ihre Verletzungen?
Seitlinger: Ach das... Ja, es tut schon noch weh, aber mehr im Herzen als im Gesicht. Obwohl das ja vorauszusehen war. Als Rationalist darf mir ja eigentlich gar nix weh tun und wenn doch, dann darf es mir ja nicht aufs Gemüt schlagen.

BZ: Kannten Sie die beiden Täter?
Seitlinger: Nein, die waren mir völlig unbekannt. Aber ich war ihnen anscheinend schon bekannt (lacht).

BZ: Wie kam es zu der Auseinandersetzung?
Seitlinger: Einer der beiden hat mich auf einmal am Arm gepackt und mich schreiend gefragt, ob ich der Seitlinger sei. Ich bejahte die Frage, obwohl ich wusste, dass es sich hier um keinen Fan gehandelt hat. Schnell sah ich mich von ihm und seinen Freund gegen die Bar gedrängt. Sie redeten laut aber unverständlich auf mich ein. Ich hab nur wenig verstanden, wusste aber, dass die beiden mir nicht freundlich gesinnt waren.

BZ: Haben Sie sich gewehrt?
Seitlinger: Kaum, ich habe ja nur immer gefragt "Wie bitte?" und "Was meint ihr?". Das hat die beiden anscheinend noch mehr erbost und sie fingen an, mich als "Depperten" und als Arschloch zu beschimpfen. Das bekam meinem Gemüt natürlich nicht besonders. Ich bin ja bekannt dafür, das Gemüt des sprichwörtlichen Metzgerhundes zu haben, aber da wurde ich doch langsam böse.

BZ: Was haben sie zu den Jugendlichen gesagt?
Seitlinger: Ich habe ihnen gesagt, dass es sich nicht gehört, Leute so zu beschimpfen. Langsam begriff ich ja , dass es sich um mein Buch bzw. um meine Äußerungen in einem bekannten Regionalmagazin handeln dürfte, was die beiden so aufgeregt hat. Sie ließen mich aber naturgemäß nicht zu Wort kommen, wie ja zu erwarten war. Bevor ich meinen Argumenten Raum verschaffen konnte, landete dann auch schon das Schnapsglas im Gesicht.

BZ: Wie denken Sie über diesen Zwischenfall?
Seitlinger: Nun, das Schnapsglas als Waffe, als Schleudergegenstand quasi, ist ja ein Fanal für die Wut der Unverständigen auf den, der auf Missstände aufmerksam macht. Gerade bei einem solchen Fest bekommt das natürlich eine fast mythologische Komponente. Ich sehe das Ganze doch etwas existenzieller. Da war viel Verzweiflung mit im Spiel; und naturgemäß auch Alkohol. Ich bin den beiden aber nicht böse. Sie können ja nix dafür, sind nur Bauern in einem Spiel, dessen Regeln von der Gesellschaft intuitiv befolgt werden, die sie aber nicht zu explizieren im Stande sind.

BZ: Welches Spiel meinen sie da?
Seitlinger: Ich sehe diesen Heimat-Diskurs, den angestoßen zu haben ich mir auf meine Fahrnen schreiben kann, als eine Art Schachspiel. Ich bin die eine Partie, sagen wir weiß, und die andere Partie sind die Bewohner der sogenannten Heimat. Da steht keine einzelne Person dahinter, sondern vielmehr ein Geist im hegelianischen Sinn, der aber irgendwo auf Abwege gekommen sein muss. Ich kenne die Regeln des Spiels und ich kenne meine Taktik. Die andere Partie kennt die Regeln nicht. Sie spielt das Spiel zwar regelkonform, aber intuitiv. Das bedeutet, sie hat weder Plan noch Kenntnis des Spiels. Das macht es für mich natürlich schwer, das Spiel zu lesen. Aber über kurz oder lang werde ich gewinnen.

BZ: Was meinen Sie damit?
Seitlinger: Vielleicht nicht in zehn, vielleicht nicht in 20, aber vielleicht in 100 Jahren werden die Leute einsehen, dass ich doch Recht gehabt habe und dass mir daher durch sie Unrecht geschehen ist. Freilich wird man mich bis dahin schon vergessen haben.

BZ: Sie sehen sich also als Opfer im doppelten Sinn?
Seitlinger: So ist es. Aber ich mach das gerne, ja ich kann gar nicht anders. Ich werde es diesem Bergvolk schon noch einimpfen, was es heißt, irgendwo daheim zu sein.

BZ: Das heißt, sie gehen in die Offensive? Befürchten sie nicht weitere Angriffe?
Seitlinger: Um noch einmal auf die Schachspielmetapher zurückzukommen: Das ist ja, wie wenn sie fragen würden, ob ich nach einem Zug einen Gegenzug befürchten würde. Das Spiel funktioniert so. Jetzt bin wieder ich an der Reihe.

BZ: Was haben sie geplant?
Seitlinger: Das verrate ich natürlich noch nicht. Aber es wird keine großen Überraschungen geben. Ich muss schon meinem Metier treu bleiben.

BZ: Wir wünschen Ihnen gute Besserung!

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