Bitter frierst du... und das zu Recht!
In diesen Tagen, da sich das Frühjahr auch schon im Kalender langsam zu zeigen getraut, und auch die Tage nach einigem Hin und Her nun doch wärmer werden, muss man noch einmal darauf hinweisen, wie wehleidig manche Menschen sein können, wenn es um die Wahl ihrer Umgebungstemperatur geht.
Auf der Universität etwa schickt man sich an, ein Seminar zu besuchen, das unglücklicherweise in einem Raum stattfindet, der zuvor von allzu eifrig diskutierenden Studierenden genutzt wird. Das Diskutieren erfordert üblicherweise das Öffnen des Mundes, was bei einer solchen vormittäglichen Ereiferung konsequent dazu führt, dass übermäßig viele Duftstoffe der, von der Tiefe der Nacht noch gezeichneten, oralen Flora in die Umgebungsluft entweichen, diese zu einem atemraubenden Gemisch machen, welches zu Recht den Namen Odor trägt, der sich nur unwesentlich von der leider versäumten Rettung, dem ähnlich klingenden Mundwasser nämlich, unterscheidet.
In dieses Gemisch nun tritt der Seminarteilnehmer der folgenden Veranstaltung mit Grausen. Wann hatte er zuletzt ein solches Empfinden gehabt, das ihm nun den Nacken beutelt, ihm die Tränen sowohl in die Augen treibt, wie auch gleich trocknen lässt? Er kann sich nicht entsinnen, stürzt aber dem Schüler Gerber gleich auf das rettende Fenster zu, nicht um es als finalen Rettungsweg zu missbrauchen, wie das besagter Schüler tat, sondern um es bloß zu öffnen, ein wenig nur, gerade so viel, dass ein Hauch von dem reinen, frischen Draußen hereindringen kann, nur ein Schluck von diesem Wind, der so rein und sauber... Da kreischt auch schon die erste der Nachkommenden "Fenster zu!". Es sei ihr nämlich zu kalt, so die Kollegin, sie sei verkühlt und es bedürfe ihr Wärme, die, von den schmächtigen Heizkörpern des Seminarraums austretend, bei geöffnetem Fenster doch sofort sich verflüchtigen würde. Wolle, denkt da der am Fenster Stehende, Enttäuschte und antwortet laut, sie wolle sich verflüchtigen, weil selbst die Wärme, so gesichts- und daher nasenlos sie auch daherkomme, es bei Gott in diesem Stallgeruch nicht aushalte.
Auch viele der naserümpfenden Nachfolgenden sehen sich sehnend nach dem Fenster um, werden aber von unterkühlten Kolleginnen (und es ist leider immer die Tyrannei des weiblichen Geschlechts, die das Öffnen verbietet), eingehüllt in tausend Jacken und Schals, Reservehandschuhe vor ihnen auf den Tisch, ein Paar oder mehr an den Händen, barsch zurückgepfiffen. Die Minuten bis der Professor erscheint ziehen sich in die Länge, einige verhüllen das Gesicht um sich an der filternden Funktion ihres obersten Bekleidungsstückes gütlich zu tun, andere versuchen beleidigt alle Geschmäcker mit dem Rest ihres mitgebrachten Heißgetränks zu übertünchen, anderer verlassen den Raum sofort und erwarten, vor der Türe Spalier stehend, die Ankunft des Lehrenden.
Dieser, als er dann endlich den Stall des Augias betritt, zeigt sich bestürzt nicht nur ob der eigenen nasalen Empfindung, sondern auch des offensichtlich schlechten Gesundheitszustandes der Teilnehmenden wegen, die - vielen der Kopf schon auf die Brust gesunken - ihre letzten Atemzüge zu machen scheinen, während die wachenden Argusaugen der Verteidigerinnen des geschlossenen Raumes bereits den Professor fixieren. Er würde es doch jetzt nicht wagen, die Fenster öffnen zu lassen?
"Fenster auf!", brüllt er schon mit letzter Kraft, selbst dem Zusammenbruch nahe, rückwärts gegen die Tafel stolpernd, sich an der Kante des Katheders gerade noch abstüzend, während unter wildem Gekreische und Gefauche von einigen noch Handlungsfähigen die Tore zur Welt aufgerissen werden. Sie, die noch die Kraft gehabt hatten, den erlösenden Handgriff zu tätigen, hängen darauf erschöpft über den Simsen nach draußen, einer droht gar zu fallen, wird von einem gerade aus einer Ohnmacht erwachenden Kameraden an den Füßen hereingezogen, während sich ein anderer in das einzige Blumenbeet am ganzen Campus übergibt, das sich unter dem Fenster, gerade noch reich geschmückt wie ein frisches Grab, nun von Schande bedeckt an der befleckten Mauer entlang zieht.
Während sich eine allgemeine Erholung einstellt, sich der Professor wieder aufrichtet, und auch die Kommilitonen auf den Fenstersimsen wieder heimgeholt werden, beraten die Amazonen, Verteidiger des warmen Haushalts, wie nun vorzugehen sei. Sie entscheiden sich für die bewährte, schon oftmals erfolgreich erprobte Strategie des andauernden Hustens und Schneuzens, welche den erneut an seine Verantwortung erinnerten Lehrenden dazu zwingt, das Kommando zum Schließen der Fenster zu geben. Es sei nämlich kalt, so die einhellige Meinung der Studentinnen...
Hieraus ergibt sich nun die Beobachtung, dass der Drang, es warm haben zu müssen, der Erhaltung des Menschengeschlechts durchaus nicht immer dienlich ist. Vielmehr muss gefordert werden, die eigene Resistenz gegen Kälte und Frost durch ausgiebiges Baden entweder in Gebirgsseen (ganzjährig) oder in anderen Binnenseen (in den Monaten, die ein R enthalten) auszubilden und zu kräftigen.
Wärme ist ein Luxus, liebe Freundinnen, (noch) nicht aber die Luft, die wir zum Atmen brauchen, auf welche ihr aber anscheinend zu Gunsten eines wohligen Gefühls verzichten könnt. Habt doch wenigstens Mitleid mit uns armen Kreaturen, die wir des Sauerstoffs so bedürfen und so wenig Interesse für eine "angenehme" Umgebungstemperatur zeigen!
Auf der Universität etwa schickt man sich an, ein Seminar zu besuchen, das unglücklicherweise in einem Raum stattfindet, der zuvor von allzu eifrig diskutierenden Studierenden genutzt wird. Das Diskutieren erfordert üblicherweise das Öffnen des Mundes, was bei einer solchen vormittäglichen Ereiferung konsequent dazu führt, dass übermäßig viele Duftstoffe der, von der Tiefe der Nacht noch gezeichneten, oralen Flora in die Umgebungsluft entweichen, diese zu einem atemraubenden Gemisch machen, welches zu Recht den Namen Odor trägt, der sich nur unwesentlich von der leider versäumten Rettung, dem ähnlich klingenden Mundwasser nämlich, unterscheidet.
In dieses Gemisch nun tritt der Seminarteilnehmer der folgenden Veranstaltung mit Grausen. Wann hatte er zuletzt ein solches Empfinden gehabt, das ihm nun den Nacken beutelt, ihm die Tränen sowohl in die Augen treibt, wie auch gleich trocknen lässt? Er kann sich nicht entsinnen, stürzt aber dem Schüler Gerber gleich auf das rettende Fenster zu, nicht um es als finalen Rettungsweg zu missbrauchen, wie das besagter Schüler tat, sondern um es bloß zu öffnen, ein wenig nur, gerade so viel, dass ein Hauch von dem reinen, frischen Draußen hereindringen kann, nur ein Schluck von diesem Wind, der so rein und sauber... Da kreischt auch schon die erste der Nachkommenden "Fenster zu!". Es sei ihr nämlich zu kalt, so die Kollegin, sie sei verkühlt und es bedürfe ihr Wärme, die, von den schmächtigen Heizkörpern des Seminarraums austretend, bei geöffnetem Fenster doch sofort sich verflüchtigen würde. Wolle, denkt da der am Fenster Stehende, Enttäuschte und antwortet laut, sie wolle sich verflüchtigen, weil selbst die Wärme, so gesichts- und daher nasenlos sie auch daherkomme, es bei Gott in diesem Stallgeruch nicht aushalte.
Auch viele der naserümpfenden Nachfolgenden sehen sich sehnend nach dem Fenster um, werden aber von unterkühlten Kolleginnen (und es ist leider immer die Tyrannei des weiblichen Geschlechts, die das Öffnen verbietet), eingehüllt in tausend Jacken und Schals, Reservehandschuhe vor ihnen auf den Tisch, ein Paar oder mehr an den Händen, barsch zurückgepfiffen. Die Minuten bis der Professor erscheint ziehen sich in die Länge, einige verhüllen das Gesicht um sich an der filternden Funktion ihres obersten Bekleidungsstückes gütlich zu tun, andere versuchen beleidigt alle Geschmäcker mit dem Rest ihres mitgebrachten Heißgetränks zu übertünchen, anderer verlassen den Raum sofort und erwarten, vor der Türe Spalier stehend, die Ankunft des Lehrenden.
Dieser, als er dann endlich den Stall des Augias betritt, zeigt sich bestürzt nicht nur ob der eigenen nasalen Empfindung, sondern auch des offensichtlich schlechten Gesundheitszustandes der Teilnehmenden wegen, die - vielen der Kopf schon auf die Brust gesunken - ihre letzten Atemzüge zu machen scheinen, während die wachenden Argusaugen der Verteidigerinnen des geschlossenen Raumes bereits den Professor fixieren. Er würde es doch jetzt nicht wagen, die Fenster öffnen zu lassen?
"Fenster auf!", brüllt er schon mit letzter Kraft, selbst dem Zusammenbruch nahe, rückwärts gegen die Tafel stolpernd, sich an der Kante des Katheders gerade noch abstüzend, während unter wildem Gekreische und Gefauche von einigen noch Handlungsfähigen die Tore zur Welt aufgerissen werden. Sie, die noch die Kraft gehabt hatten, den erlösenden Handgriff zu tätigen, hängen darauf erschöpft über den Simsen nach draußen, einer droht gar zu fallen, wird von einem gerade aus einer Ohnmacht erwachenden Kameraden an den Füßen hereingezogen, während sich ein anderer in das einzige Blumenbeet am ganzen Campus übergibt, das sich unter dem Fenster, gerade noch reich geschmückt wie ein frisches Grab, nun von Schande bedeckt an der befleckten Mauer entlang zieht.
Während sich eine allgemeine Erholung einstellt, sich der Professor wieder aufrichtet, und auch die Kommilitonen auf den Fenstersimsen wieder heimgeholt werden, beraten die Amazonen, Verteidiger des warmen Haushalts, wie nun vorzugehen sei. Sie entscheiden sich für die bewährte, schon oftmals erfolgreich erprobte Strategie des andauernden Hustens und Schneuzens, welche den erneut an seine Verantwortung erinnerten Lehrenden dazu zwingt, das Kommando zum Schließen der Fenster zu geben. Es sei nämlich kalt, so die einhellige Meinung der Studentinnen...
Hieraus ergibt sich nun die Beobachtung, dass der Drang, es warm haben zu müssen, der Erhaltung des Menschengeschlechts durchaus nicht immer dienlich ist. Vielmehr muss gefordert werden, die eigene Resistenz gegen Kälte und Frost durch ausgiebiges Baden entweder in Gebirgsseen (ganzjährig) oder in anderen Binnenseen (in den Monaten, die ein R enthalten) auszubilden und zu kräftigen.
Wärme ist ein Luxus, liebe Freundinnen, (noch) nicht aber die Luft, die wir zum Atmen brauchen, auf welche ihr aber anscheinend zu Gunsten eines wohligen Gefühls verzichten könnt. Habt doch wenigstens Mitleid mit uns armen Kreaturen, die wir des Sauerstoffs so bedürfen und so wenig Interesse für eine "angenehme" Umgebungstemperatur zeigen!
Hrabanus - 11. Mär, 21:16
Trackback URL:
https://rahmengedanken.twoday.net/stories/4777957/modTrackback